Steak

Es ist schon eine valide Frage, ob man mit dem Thema überhaupt anfangen sollte, und wenn ja wo. Ein Stück Fleisch in der Pfanne oder auf dem Grill ein paar Minuten von jeder Seite zu braten scheint intelektuell nun wirklich keine Herausforderung. Ja, und allem Anschein nach auch wieder nicht, sonst gäbe es nicht soviel Mist in der Welt. Die Fehler sind vielfältig und die meisten davon eigentlich leicht zu vermeiden, speziell in der professionellen Küche. Sei es drum, sich ein paar Dinge in Erinnerung zu rufen oder einfach generell zu Herzen zu nehmen, macht Sinn, wenn man dem Produkt und der Sache gerecht werden will.

Bei allem Verständnis für Vieles, was uns zur Eile treibt oder zum Sparen zwingt, das Billigste vom Rind mit TK-Fritten, Aldi-Ketchup und Majo ist schon eine Beleidigung für einen selbst, erst recht für die Liebste und sollte bei einem Essen in Gesellschaft tabu sein. Es wird wirklich Zeit für einen Sinneswandel. Jeder sollte sich dafür zu Schade sein. Weniger Respekt kann man dem Kochen und den Produkten nicht entgegenbringen. Derartiges unterstützt sämtliche in der modernen Ernährungsweise zu erkennenden Fehlentwicklungen und gehört abgestellt.

Die Fokussierung auf das Stück Fleisch allein ist eh irreführend. Ohne Beilagen gehört es nicht auf den Tisch. Und das meint nicht Kräuterbutter, Ketchup oder Barbeque Sauce sondern Pilze, Spinat, Brokkoli oder Kartoffel, um nur einige zu nennen. Der Kauf von Steak-Fleisch beim Discounter gleicht eher einer Lotterie. Kann alles gut gehen aber eingentlich sollte für den Kauf von Qualitätsfleisch der nächste Schlachter aufgesucht werden. Ein grundlegendes Verständnis für die unterschiedlichen Steaks ist ebenfalls sinnvoll. Ob Rump, Filet, Flank oder Entrecote, jedes hat seinen eigenen Charakter und Geschmack, aber auch seine Besonderheiten in der Zubereitung.

Genug der Schelte. Was sollte es denn jetzt sein, wenn es nach mir ginge, und hier geht es ja ausschließlich und nur nach mir? Es gibt wenige konkrete Rezepte für Steaks und wenn, dann sind sie an anderer Stelle zu finden, z.B. Steak Diane oder Filet Wellington. Aber eine Sammlung von best practices hilft dem, der das Beste aus einem Stück Rindfleisch holen will. Und so soll es denn sein.

Entrecote, Filet, Flank? Ganze Bibliotheken, und natürlich auch diverse Beiträge im Internet, beschäftigen sich mit dem Thema Steak cuts. Kompliziert wird die Sache dadurch, dass die cuts in verschiedenen Ländern verschiedene Bezeichnungen haben. Entrecote und Rib Eye sind die französischen und amerikanischen Bezeichnungen für das selbe Stück Fleisch. Meine Favoriten sind RibEye oder Entrecote und Flank oder Bavette. Mein Schlachter lässt teils das untere Stück der Rippe am Entrecote, Ribeye bone in, sozusagen ein abgesägtes Tomahawk. Wer es auf dem Grill zubereiten will mag den langen Knochen bevorzugen, so oder so gibt der Knochen nochmal einen extra Kick und in der Pfanne sind die langen Knochen unbrauchbar. Eine gute Übersicht über die verschiedenen cuts stammt von farmfreshbeef.org wobei hier eher auf die amerikanischen Bezeichnungen abgehoben wird. In der Basics with Bubish Serie auf Youtube gibts eine Folge, in er die cuts nochmal näher erläutert werden. Zu beachten ist dabei folgendes, in Amerika wird Rind anders zerlegt als in Frankreich, Deutschland oder Österreich. Ein Flat Iron und ein paar weitere Stücke vom Vorderrind wird man hierzulande kaum finden, andere werden eher als Braten geschnitten und nicht als Steak auspariert.

Unabhängig vom cut reicht die Qualitätsspanne von Discouterware bis zu Kobe oder dry aged-Stücken von gourmetfleisch.de. Als bekennender Fleischesser und Genussmensch gönne ich jedem seinen Spaß, trotzdem hierzu ein paar Anmerkungen. Ich lasse beide Extreme aus gutem Grund weg. Die Discounter-Ware ist Teils B-Qualität, nicht ausreichend gereift, nicht richtig pariert, nicht fachmännisch geschnitten, ein echtes Überraschungspaket. Wenn ich mich schon in die Küche stelle, dann erwarte ich auch ein schönes Ergebnis auf dem Teller. Da das bei Discounter-Ware nicht sichergestellt ist kaufe ich sie nicht. Auf der anderen Seite des Spektrums gilt etwas anderes. Natürlich kann ich mir ein dry aged Porterhouse in meine Küche holen, drei Finger dick wie es gehört, 1 bis 1,5 Kilo schwer. Fakt ist, dass ich nicht die optimale Ausrüstung habe, das gute Stück in bester Qualität zuzubereiten, auch wenn es mir, wie hier zu sehen, am Ende gelingt. Da braucht es aher schon eine gute Grillpfanne und Hilfe vom Backofen. Es ist besser solche Stücke in einem wirklich guten Steakhouse zu essen, was, by the way, auch nicht viel teurer kommt. Mir fallen spontan das Butcher´s oder das Mash in Hamburg ein, nur als Beispiel.

Ein weiterer Aspekt sollte beachtet werden. Es ist per se nichts schlechtes daran, daß heute geringere Mengen an Fleisch gegessen werden. Es führt aber gleichzeitig dazu, daß in den Fleischauslagen Steaks von unter 200 g liegen die gerade mal doppelt so dick wie ein Wiener Schnitzel sind. Man kann nicht davon ausgehen dass man solche Stücke medium rare oder medium braten und dabei gleichzeitig eine schöne Kruste erzeugen kann. Sollten einem 150 g Fleisch als Portion genug sein ist es besser ein größeres Stück zu nehmen und tranchiert zu Zweit essen. Verwendet man solte Stücke führt dies auf Sicher zu einem von drei Fehlern. Das Steak hat nicht die erwartete Kruste und damit nicht den erwarteten Geschmack, oder das Stück ist unweigerlich well done weil die Kerrntemperatur nach dem Ruhen über 70 Grad liegt, oder es kommt ohne zu ruhen auf den Teller und ergießt mit jedem Schnitt seinen Saft in die Beilagen.

Bei der Zubereitung gehöre ich zu den Puristen. Die Steaks kommen ungewürzt in die Hitze. Oele und Fette sind in der Regel ebenfalls nicht notwendig. Ein gut durchwachsenes Entrecote bringt genug Fett mit, das in der Pfanne eh ausschmilzt. Die Ausnahme bildet das Filet, welches ich eine halbe Stunde vor dem Braten dünn mit Oel einstreiche oder alternativ in der schäumenden Butter brate, weil es eh nicht soviel Hitze verlangt. Butter ist, bis auf diese Ausnahme, ungeeignet, wenn schon dann Butterschmalz. Öle haben einen unterschiedlichen Rauchpunkt. Da mit großer Hitze gearbeitet wird eignen sich nur wenige für die Aufgabe, wie zum Beispiel Sonnenblumenöl mit einem Rauchpunkt bei etwa 250 Grad. Zum Nachlesen. Das Fleisch sollte nicht direkt aus der Kühlung kommen sondern Raumtemperatur haben. Also am Besten 2 bis 3 Stunden vorher rausnehmen, gegebenenfalls auspacken und gegebenenfalls portionieren und parieren. Werft die Parüren nicht weg, es sollte eh eine Brühe für die Saucen da sein, da gehören sie hinein. Man kann sie aber während das Fleisch ruht in der Pfanne kurz anbraten und so einem Jus Rôti ein bisschen mehr Druck verleihen. Sollte es einen Grund geben, und ich kann mir keinen Vorstellen, das Fleisch mit Wasser abspülen, dann sollte es danach sorgfältig getrocknet werden. Wenn das Fleisch in die Pfanne oder auf den Grill kommt ist es komplett trocken, eventuell mit besagter Ausnahme des Filet. Es gibt noch ein weiteres Video, in dem Bubish verbreitete Fehler erläutert, sehenswert.

Kurz zu dem Werkzeug. Ich brate auf einer Induktionsplatte in beschichteten Pfannen oder, wie beim Porterhouse zu sehen in der Grillpfanne. Es ist am Ende Gewohnheitssache. Ich mag es wenn die Pfanne sehr schnell dem Temperaturwechsel des Induktionsherds folgt. Aber natürlich geht es auch mit Gusseisen oder einer stählernen Pfanne auf einem Elektroherd. Man muss nur beachten, dass dieser, genau wie die Pfannen, die Temperatur länger hält, das Steak also weiter gegart wird selbst wenn man die Platte ausschaltet. Man sollte also ein wenig weiter unter der gewünschten Kerntemperatur bleiben. Generell kann man sagen, daß unbeschichtete Edelstahlpfannen eher schwierig sind da sie Fett als Trennmittel brauchen, ebenso wie die Pfanne aus Stahl oder Gusseisen. Die Stahlpfanne ähnelt eher einer Plancha oder dem Restaurantgrill. Die Gusseiserne ist sehr ähnlich, neigt aber weniger zum Anhaften wen sie gut gepflegt ist und eine gute Patina hat.

Grill oder Pfanne sollten so heiss wie möglich sein. Ist die Anfangstemperatur zu niedrig verliert das Fleisch sehr schnell viel Flüssigkeit. Die Pfanne also vorher aufheizen. Dabei beachten, dass schwere gusseiserne Pfannen länger brauchen um gleichmäßig heiß zu werden. Das Fleisch von beiden Seiten mit maximaler Hitze anbraten. Danach die Hitze zurücknehmen und das Steak auf den gewünschten Garpunkt bringen. Größere Stücke gehen bei 180 Grad Ober- / Unterhitze in den Backofen. Nach dem Braten sollte das Steak ruhen. Dabei verteilt sich die Temperatur gleichmäßig bis in den Kern und der Fleischsaft wird großenteils wieder im Muskelgewebe gebunden. Da beim Hobby-Koch keine Profiausrüstung vorausgesetzt werden kann muss der Backofen für das Ruhen der Stücke herhalten. Die Temperatur muss aber bei etwa 40 Grad, also unter der gewünschten Kerntemperatur, liegen. Kann nicht jeder Ofen verlässlich, man sollte also mal mit einem Termometer prüfen.

Rare, Medium, Well done? Reine Geschmackssache. Entscheidend hierfür, neben der Eignung der einzelnen Stücke, ist die Kerntemperatur. Sollte man sich nicht sicher sein, gibt es auch zu diesem Thema im Internet verschiedene Quellen, ich empfehle kerntemperatur.org. Deren gesammelte Übersicht gibts auch zum download. Wer regelmäßig an Grill oder Pfanne steht entwickelt schnell ein Gespühr. Je größer und teuerer das Stück, je eher sollte man zu einem Küchentermometer greifen. Es gehört eh in jede Küche. Spätestens bei einem Strang Filet von drei Kilo ist es mit dem Schätzen vorbei. Es gibt ein sehenswertes Video in dem das nochmal vorgeführt wird.

Wie groß das Steak sein soll hängt von verschiedensten Faktoren ab. In einem Steakhouse gibt alles zwischen 200 g Ladies Cut und besagten 1,5 Kilo Porterhouse am Knochen, ohne Knochen sicherlich immer noch ein Kilo Fleisch. Im Butcher´s hab ich es mal gegessen, dazu isst man besser nichts mehr. In einem 4 Gänge Menue sind selbst 200 g schon zu viel. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. In einem einzelnen Gang mit Beilagen bin ich mit 250 Gramm mehr als gut bedient. Durchschnittlich würde ich 200 Gramm pro Person kalkulieren, mit Vorspeise nicht mehr als 150 Gramm, mit jedem zusätzlichen Gang 50 Gramm weniger.

Bei den Beilagen gibt es eine Reihe Klassiker, abseits dieser ist der Fantasie aber kaum eine Grenze gesetzt. Zu den Klassikern gehören Ofenkartoffel mit Sour Cream, Home fries, Mash, gebratene Champions, Spinat, Bohnen, Maiskolben, gebratene Zwiebel, Coleslaw. Dazu kommen als Soßen zum Beispiel eine Barbeque, Rotweinsoße, eine mit grünem Pfeffer, Hollandaise oder Bearnaise. Für die Beilagen zum Steak werde ich in der Gemüseküche separat eingehen und sie in einen entsprechenden Beitrag sammeln. Gleiches gilt für die Soßen. Was auf alle Fälle gemacht werden sollte ist die Pfanne zu declacieren. Man hat dafür ein paar Minuten Zeit da ein Steak eh kurz ruhen sollte. Ein wenig Wein in die Pfanne geben um die Bratreste zu lösen, den Wein fast komplett reduzieren und mit einen kräftigen Fond auffüllen, anschließend durch ein feines Sieb passieren und schon hat man eine schöne Jus Rôti, wenn man es nicht macht hat man Pech.

Ein paar Worte noch zum Grillen; Auf dem Grill macht sich durchwachsenes Rind besser. Die Tendenz geht also eindeutig eher Rib als Loin. Sollte es dann doch ein Filet sein so empfehle ich dringend es im Strang zu grillen. Ein ganzes Filet hat zwischen 3 und 5 Kilo. Kopf und Spitze sollte man vorher abschneiden und separat garen sodass der gleichmäßig geformte Strang nachbleibt. Das Ribeye darf gern mit Knochen daherkommen (bone in), auf dem Grill auch als Tomahawk. Das Steak braucht so oder so maximale Hitze zum Anbraten und geringere Hitze zum garen. Auf einem Kohlengrill sollte man also für unterschiedliche Temperaturzonen sorgen. Dies gilt insbesondere bei großen Stücken. Auf das Rump würde ich auf dem Grill generell verzichten, sondern eher als Strang im Ofen bei Niedertemperatur herrichten. Roast Beef ist wesentlich interessanter. Hier ist das Rezept.

Um das Thema abzurunden sei noch darauf hingewiesen, dass ich mich hier nur mit dem klassischen Steak befasse. Die Grenzen sind allerdings fließend. Ein Beispiel ist das Bistecca alla Fiorentina, im Grunde genommen ein Porterhouse vom Chianina Rind, in ca 6 cm starke und etwa 1 bis 1,5 Kilo schwere Portion als Familienbraten zubereitet. Porterhouse, T-Bone, Bistecca Fiorentina, wir wollen die Sache nicht verwirrender machen als sie so oder so schon ist. Deshalb lassen wir es jetzt erstmal gut sein.

Conclusio? Der Maillard-Reaktion, also der Vielzahl an einzelnen chemischen Reaktionen, die eine Vielzahl an Aromen in gebratenen oder gegrillten Lebensmitteln, insbesondere im Fleisch erzeugen, sei an dieser Stelle gedankt. Fleisch und Röstaromen sind also die eine, aber nicht die andere Seite der Medallie. Ein passender Wein, ein frisches selbstgebackenes Brot, eine kleine Vorspeise, als Beilage verschiedene Gemüse, so wird die Sache interessant. Während man also das billigste Stück Rind vom Discounter in die Pfanne beordert und die tiefgekühlten Fritten in den Backofen schiebt sollte man dringend darüber nachdenken, ob nicht gar ein gut gemachter Döner die bessere Option ist. Wohl gemerkt, ich kenne einige gute türkische Imbisse in Deutschland, meine Entscheidung wäre eindeutig. Afiyet olsun!

Nachfolgend ein paar Bilder zur Inspiration