Wien ohne Tafelspitz ist nicht denkbar, es ist das klassische Traditionsgericht. Sollte man sich eine Zeit in Wien aufhalten ist also ein Restaurantbesuch unumgänglich. Ich würde das Plachutta in Hietzing empfehlen. Dort wird beim Blick auf die Karte allerdings deutlich, daß es neben dem Tafelspitz noch andere, in der selben Art und Weise gegarte Stücke vom Rind gibt, zum Beispiel weisses Scherzel, Schulterscherzel, Hüferschwanzl oder Klavierspitz. Empfehlenswert sind also die Gutsostückerl, drei Stücke nach Wahl. Da der Tafelspitz ein gekochtes Rindfleisch ist, wird er traditionell in der Terrine serviert. als Beilagen gibts „frisch grissnen Apfelkren“, also Apfelmeerrettich, Bratkartoffeln und Gemüse der Saison. Als Saucen werden entweder Meerrettichsauce oder Schnittlauchsauce gereicht. Die Brühe wird als Vorspeise serviert.
Drei Dinge sind hier anzumerken. Zum Einen wird beim Plachutta am Tag sicher 100 kg Fleisch durch die Brühe gekocht. Auch wenn mit jeder Portion etwa ein halber Liter an den Gast geht, die Brühe ist ein Erlebnis für sich. Zum Anderen ist es schwer festzuhalten, welches denn nun das richtige Stück Fleisch für den Tafelspitz ist. Das liegt daran, das die Wiener Schlachterei Rinder anders zerlegt als die deutsche oder die französische. Dem Interessierten hier die Erläuterung zur Wiener Teilung auf Wikipedia. Plachutta liefert auf seiner Website auch gleich noch einen ersten Überblick. Im Bild kann man sich die Teilung im Blog von Porcella ansehen. In der deutschen Zerlegung kommt die Hufte dem Tafelspitz also am nahesten, in der französischen Zerlegung wäre es am ehesten der Pointe de culotte, die Culotte entspricht dem weißen Scherzel. Zum Dritten stellen wir fest, daß der Tafelspitz stellvertretend für eine Reihe von verschiedenen Stücken steht, die die Wiener Küche in der selben Art und Weise verarbeitet, wenn es kein Tafelspitz gibt wird sich der Wiener auch über das Schulterscherzl freuen.
Nochmals kurz zusammengefasst, Tafelspitz, weisses Scherzel, Schulterscherzel, Hüferschwanzl oder Klavierspitz, was immer es ist, es braucht erst einmal eine Brühe als Grundlage, dazu eine Reihe an Beilagen. Hier soll es erstmal um den Tafelspitz gehen
- 1 l Fond blanc
- 2 kg Tafelspitz
- 250 g Gemüseeinlage aus Möhren, Lauchstange, Sellerie, Petersilienwurzel
- frischer Meerrettich
- 1 sauren Apfel, z.B. Boskop
- Bratkartoffeln oder Kartoffelgratin
- Schnittlauchsauce
- glasierte Gemüse der Saison
Den Fond blanc in einer passenden Kaserolle erhitzen, den Tafelspitz in die heiße Brühe einlegen und bei schwacher Hitze für etwa 60 bis 90 Minuten pro Kilogramm leicht simmernd eher blanchieren als kochen. Die Kochzeit verlängert sich, wenn der Braten einen Anteil an Bindegeweben enthält, wie zum Beispiel Stücke vom Vorderrind. In diesem Fall gilt umsomehr, daß der Braten nicht zu hoher Hitze ausgesetzt werden darf. Häufig abschäumen, die Brühe muss unbedingt klar bleiben. Dabei sowohl Konsistenz als auch Kerntemperatur im Auge haben. Der Braten soll mit einer Kerntemperatur von etwa 80 bis 85 Grad durchgegart und mürbe sein aber an der Außenseite nicht vorzeitig zerfasern. Während dessen den Meerrettich und den Apfel schälen und fein reiben und etwa im Verhältnis 1:1 zusammenmischen und leicht mit Salz abschmecken. 20 Minuten vor der voraussichtichen Fertigstellung des Bratens die in Vichy geschnittenen Gemüse zugeben und in der Brühe gar ziehen lassen. Zum Service den Tafelspitz in etwa 1 cm starke Scheiben aufschneiden, in eine Suppenterrine drappieren und mit der Brühe auffüllen. Die Brühe als Vorspeise servieren, zum Tafelspitz bereits beschriebene Beilagen reichen.