Bohnen, Birnen und Speck

Es gibt Gerichte mit denen sich die Restaurantküche schwer tut. Sie sind, wenn sie auch lecker schmecken mögen, auf dem Teller einfach unansehnlich. Ein paar Beispiele finden sich hier unter den Spezialitäten wie das für die Hamburger Küche traditionelle Labskaus. Manches lässt sich noch nett drappieren aber die Eintöpfe sind schwierig. Bohnen, Birnen und Speck sind so ein Beispiel. Dennoch, da mir die Experimentierfreude nicht fremd ist, habe ich mich einstweilen dazu verleiten lassen nicht selbst zu kochen, sondern ein Hamburger „Traditions-Restaurant“ in Hafennähe aufgesucht. Die Enttäuschung war eine Große, nicht nur ob des aufgerufenen Kurses. Geschmacklich offensichtlich wurden alle Bestandteile separat gekocht um am Teller recht hübsch auszusehen was aber der Sache widerspricht, geht es doch darum, das die Aromen der Bestandteile eine Einheit bilden. Meine Großmutter hatte stande pedes die Lokalität unter Verweigerung jeglicher Zahlung verlassen, etwaige polizeiliche Sanktionen in Kauf nehmend. Hinzu kommt, daß ein derartiges, aus der norddeutschen Haushaltsküche stammendes, Gericht keiner 5 Euro Wareneinsatz bedarf. Wenn also ein Hamburger Restaurant sich darauf spezialisiert derartige Gerichte im Sinne der „hanseatischen Tradition“ anzubieten, dann sollte das Ergebnis diesem Anspruch gerecht werden. Wenn aber auf der Website weder Menu noch Preisliste zu finden sind sondern es sich lediglich seiner Gästeliste rühmt, ist die angepeilte Zielgruppe in den unwissenden Touristen zu vermuten, die in großer Menge mit Kreuzfahrtschiffen am nahe gelegenen Strandkai angespült werden. Dem Norddeutschen sei dringend angeraten sich selbst an den Herd zu verfügen, dringend! Es ist auch nicht unbedingt ein „hanseatisches“ Rezept sondern stammt aus der norddeutschen ländlichen Küche. Der Birnenbaum stand bei uns im Hof. Wie alle Dorfbewohner hatten auch wir ein kleines Stück Land, die Bohnen stammten also aus eigener Produktion, die Kartoffeln weitgehend ebenfalls. Den Speck hat Schlachter Töllner, unser Nachbar, selbst geräuchert. Dieses Rezept stammt von Großmuttern.

Zur Sache, wenn die ersten Eicheln fallen ist die Zeit gekommen, gibt es doch die Bohnen aus lokaler Produktion sowie die für dieses Gericht notwendigen Kochbirnen frisch vom heimischen Baum. Die Sorte Bürgermeister ist eine gute Wahl, recht klein, auch spät im Jahr noch grün und zum unbehandelten Essen zu fest. Sie haben auch nicht die Menge an Fruktose die bei Tafelbirnen wie zum Beispiel Abate üblich ist. Grüne Bohnen sind die richtige Wahl. Ergänzt wird das Rezept mit durchwachsenem Speck. Als Beilage sind festkochende Kartoffeln gern gesehene Gäste. Nein, es ist nicht notwendig, und es gibt keinen Grund dafür, die Brühe mit Mehl oder Stärke zu binden. Ja, man kann geschmacklich sehr intensives Bohnenkraut in überschaubarem Maß verwenden. Auf keinen Fall die Birnen schälen oder weiter zerteilen, die Birne soll im Ganzen auf den Teller gebracht werden. Es ruht auch kein Segen auf der Idee von Tim Mälzer, die geschälte Birne mit allerlei Aromaten wie Lorbeer, Nelke und Zimt zu pimpen. Die Birne ist nicht das Desert Tim, sondern Teil des Eintopfes, der Eintopf ist mit Verlaub Bauernküche, und daran ist nichts falsches, so sollte es auch sein und bleiben.

Die Mahlzeit für 3 Personen gestaltet sich wie folgt:

  • 500 g frische grüne Bohnen
  • 3, wenn sie sehr klein sind 6 Birnen
  • 500 g durchwachsener Speck
  • 250 g festkochende Kartoffeln
  • Pfeffer und Salz
  • Senf

Die Bohnen gründlich waschen, putzen und in Stücke von ca 4 bis 5 cm teilen. Die Bohnen wurden dereinst gebrochen, was wenn sie wirklich frisch und knackich sind gut möglich ist. Daher stammt die Bezeichnung Brechbohnen. Die Birnen waschen und den Blütenansatz herausschneiden, der Stiel kann bleiben. Den Speck mit einem Liter Wasser in einer für die gesamten Zutaten passenden Kasserolle kurz aufkochen und dann auf kleiner Flamme etwa 30 Minuten köcheln. Die Bohnen und die Birnen zugeben, mit Salz und Pfeffer würzen. Dabei vorsichtig mit dem Salz sein, der Speck bringt eine Menge mit in die Brühe. Auf etwas lebhafterer Flamme weitere etwa 15 Minuten garen bis die Bohnen noch leicht bissfest sind. Danach auf kleinster Flamme 1 Stunde ziehen lassen, auf keinen Fall mehr weiter kochen. Besser noch über Nacht neben dem Feuer ziehen lassen und am kommenden Tag auf kleiner Flamme aufwärmen. Derweil die Kartoffeln kochen, pellen und bereitstellen. Zum Anrichten den Eintopf nochmals mit Salz und Pfeffer abschmecken, die Bohnen in die Mitte eines tiefen Tellers geben, Kartoffel und Birne und den in Scheiben geschnittenen Speck beilegen und mit der Brühe angießen. Der Senf kommt separat zum Speck für diejenigen die es mögen. Ein schönes Bier dazu und einen Tisch mit Blick auf die Nordsee, norddeutsche Seele, was willst Du mehr?

Und schon sind wir beieinander und auch meine Großmutter würde nicht gleich flüchten. Also zusammengefasst, wenn Bohnen, Birnen und Speck gut sein soll, dann wird es als Eintopf gekocht, die Bohnen sind noch leicht bissfest, die Birne ebenso noch fest in der Struktur aber geschmeidig am Gaumen, der Speck ist schön weich ausgekocht aber nicht zerfallen oder gar zerfasert, die Brühe hat genügent Zeit gehabt die Aromen zu versammeln und bildet zusammen mit der Kartoffel den passenden Rahmen. Es ist nie falsch Eintöpfe über Nacht ziehen zu lassen und am kommenden Tag aufzuwärmen. In diesem Fall muss man nur am ersten Tag die Garzeiten knapp halten und am zweiten Tag nur wärmen und auf keinen Fall kochen.